Parallelwelten
Städtische Mikrokosmen zwischen Glaubensgemeinschaften, Clans, Wirtschaftseliten und ganz normalen Lebenshintergründen
Bei genauer Betrachtung ist der städtische Raum kein vernetzter, sich durchdringender Raum mit einem vereinenden gesamtgesellschaftlichen Konzept von Leben und Gemeinschaft. Vielmehr finden sich überall voneinander abgegrenzte Mikrokosmen mit eigenen Gesetzmäßigkeiten, die im besten Fall friedlich koexistieren, einander jedoch selten berühren.
Bei dem Begriff „Parallelwelten“, der insbesondere für das Umfeld sogenannter Clan-Kriminalität gerne verallgemeinernd und populistisch verwendet wird, bleiben die Hintergründe für Abschottung und Ausgrenzung weitgehend unberührt. Gerade im Zusammenhang mit Migration fragt kaum jemand nach den Ursachen hierfür – fehlenden Integrationsmöglichkeiten oder Duldungsgesetzen etwa, durch die Menschen in der eigenen Ethnie oder Gemeinschaft isoliert werden. Doch Parallelwelten entstehen nicht nur an den Rändern der Gesellschaft; wir finden sie auch mitten in der Stadt. Eliten – ob aus Reichtum, akademischer Bildung oder familiärer Abstammung – können genauso wie Religionsgemeinschaften oder politische Zirkel als solche beschrieben werden. Und es existieren unfreiwillige Gemeinschaften wie das Gefängnis, in dem der Ausnahmezustand die gesellschaftliche Regel ist.
Ob freiwillig oder erzwungen – es gibt viele Gründe, warum sich Gemeinschaften voneinander abgrenzen und eigene Lebensmodelle umsetzen. Sie werden erst dann zur Gefahr für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn sich Vorurteile und Ressentiments aus Unkenntnis des anderen verstärken.
Bei der Tagestour durch Essen sprechen wir mit Menschen, die in diesen Gemeinschaften leben und arbeiten und den Dialog suchen. Wir besuchen auf unserer Reise zunächst das Kloster der Augustiner Chorfrauen der Congregatio B.M.V., die sich – in klösterlicher Gemeinschaft lebend – auch der weltlichen Erziehung von Kindern und Jugendlichen widmen. In direkter Nachbarschaft findet sich die Justizvollzugsanstalt, wo Menschen aus ganz anderen Gründen abgeschottet und in einer Art Ausnahmezustand leben (müssen). Mit dem Pressesprecher der JVA, Marc Marin, und der Künstlerin Anne Berlit diskutieren wir Strategien, Menschen während und nach der Haftzeit zu resozialisieren. Ob sich der exklusive Stadtteil Brucker Holt als Parallelwelt bezeichnen lässt, finden wir anschließend bei einem kurzen Spaziergang und im Gespräch mit Anwohner*innen des Viertels, das rund um die Uhr von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht wird, heraus. In der Glow Shisha-Bar nähern wir uns dann dem, was einschlägig als Parallelwelt bezeichnet wird, von ganz anderer Seite. Mit Expert*innen diskutieren wir über die Hintergründe und Bedingungen solcher Gemeinschaften im Umfeld von Migration und Vertreibung, über Staatenlosigkeit, Kettenduldung und drohende Abschiebung.
Mit
Schwester M. Regina, Augustiner Chorfrauen, Essen
Marc Marin, Pressesprecher und Ausbildungsleiter, JVA Essen
Anne Berlit, Künstlerin, Essen
Thomas Olbricht, Kunstsammler, Essen
Ahmad Omeirat, Laissez-passer e.V., Essen
Kefaet Prizreni, Artivist, Essen
Iman Ahmed-Hassan, Laissez-passer e.V., Essen
Deniz Schumacher, Eigentümer Glow Shisha-Bar, Freiberufler, Ehrenamtler, Essen
Konstantin Adamopoulos, freier Kurator, Köln
Programm
10.00 Begrüßung: Peter Gorschlüter, Direktor Museum Folkwang, Markus Ambach, MAP
10.15 Führung durch das Kloster Augustiner Chorfrauen mit Schwester M. Regina
12.00 Diskussion mit
Schwester M. Regina, Augustiner Chorfrauen
Marc Marin, Pressesprecher und Ausbildungsleiter Justizvollzugsanstalt Essen
Anne Berlit, Künstlerin
13.30 Einführung zur JVA im Außenbereich mit Marc Marin, Pressesprecher JVA
14.30 Rundgang durch das Viertel Brucker Holt mit Thomas Olbricht
16.30 Parallelwelten
Eine Diskussion mit
Ahmad Omeirat, Laissez-passer e.V., Essen
Kefaet Prizreni, Artivist, Essen
Iman Ahmed-Hassan, Laissez-passer e.V., Essen
Deniz Schumacher, Eigentümer Glow Shisha-Bar
Moderation: Konstantin Adamopoulos, freier Kurator
Datum: So, 26.6.2022, 10 - 18 Uhr
Bustour mit Diskussion
Teilnahme nur nach Anmeldung.
Der Treffpunkt wird nach der Anmeldung bekanntgegeben.
Teilnahmebedingungen und Sicherheitshinweise
Auf allen Führungen und bei allen Aktionen gilt die Straßenverkehrsordnung StVO. Diese ist unbedingt zu beachten und einzuhalten. Es gibt keine Ausnahmen.
Besonders weisen wir darauf hin, dass niemals in einem sogenannten „Verband“ gegangen oder gefahren wird. Rote Ampeln und sonstige Verkehrszeichen, sind unbedingt zu beachten, auch wenn die Führung sich weiterbewegt. Alle Verkehrszeichen und Verkehrsregeln sind insofern wie im Tagesgebrauch zu beachten. Die Tourenführer und die Veranstalter tragen keinerlei Verantwortung für das Verhalten der Teilnehmer. Jeder Teilnehmer bewegt sich eigenverantwortlich bei den Führungen und Veranstaltungen.
Wir bitten bei den Führungen ganz besonders um vorsichtiges, umsichtiges und aufmerksames Verhalten im Straßenverkehr.
Die Teilnahme an den Führungen und Veranstaltungen erfolgt auf eigene Gefahr. Ein Anspruch auf Teilnahme entsteht durch die Anmeldung nicht. Bei Ausfall der Veranstaltung hat der Teilnehmer keine Entschädigungsansprüche.
Auf allen Veranstaltungen gelten die tagesaktuellen Coronaregelungen des Landes NRW.
Parallel worlds
Urban microcosms between faith communities, underworld mobsters, economic elites and those with more ordinary lifestyles.
A closer look shows urban space to be less a networked, interpenetrating sphere with a unifying, comprehensive social concept of life and community than a system of microcosms with their own laws. Separate and distinct from one each other, they peacefully coexist in the best case. Rarely do they meet.
While the notion of “parallel worlds” (or “underworlds” in the context of so-called organized crime) is often evoked in a generalising, xenophobic, and populist way, the designation fails to fully consider factors such as segregation, isolation, and exclusion. Hardly anyone asks about the reasons for this isolation, particularly in the context of migration, where a dearth of integration opportunities or tolerance and fairness legislation, for example, might have the effect of confining people within their own ethnic group or community. Indeed, it isn’t just at the margins of society that we find parallel worlds; we see them in the middle of the city as well. Elites (by virtue of wealth, academic education, or family lineage) often live in isolated milieus of their own, as do many religious communities and political circles. There are also involuntary communities such as those within the prison system, where an exceptional situation is the social norm.
Whether voluntarily or by force – communities have many reasons to separate themselves from one other and adhere to their own ways of life. They only threaten overall social cohesion when ignorance of the other intensifies preconceptions and resentments.
On our day-long tour of Essen, we talk to people who live and work in these communities and are interested in establishing a dialogue. Our first stop finds us visiting the sisters of the Augustiner-Chorfrauen B.M.V., an order of Catholic nuns who live isolated in a monastic community while also dedicating themselves to the secular education of children and young people. Close by is the prison, a facility in which people (are forced to) live in isolation and in another kind of state of exception for completely different reasons. In an exchange with Essen prison press officer Marc Marin and the artist Anne Berlit, we discuss strategies for resocialising people during and after their time in prison. Afterwards, we take a short walk through the exclusive Brucker Holt district and talk to residents there. Our aim: to find out whether the prosperous neighbourhood might also be described as a parallel world (It is guarded around the clock by a private security service.) Finally, at Glow Shisha Bar, we approach what German society typically describes as a “parallel world” from a completely different angle. Experts shed light on the backgrounds and situation of these communities in the context of migration and expulsion, statelessness, uncertain residency status through short-term “toleration” permits, and the threat of deportation.
with
Sister M. Regina, Augustiner-Chorfrauen, Essen
Marc Marin, Press Officer and Head of Education at the Essen penitentiary
Anne Berlit, artist, Essen
Thomas Olbricht, art collector, Essen
Ahmad Omeirat, Laissez-passer e.V., Essen
Kefaet Prizreni, artivist, Essen
Iman Ahmed-Hassan, Laissez-passer e.V., Essen
Deniz Schumacher, owner of Glow Shisha-Bar, self-employed, volunteer, Essen
Konstantin Adamopoulos, independent curator, Cologne
Program
10.00 a.m. Greeting: Peter Gorschlüter, Director Museum Folkwang, Markus Ambach, MAP
10.15 a.m. Guided tour through the Augustinian nunnery with Sister M. Regina
12.00 p.m. A discussion with
Sister M. Regina, Augustiner-Chorfrauen
Marc Marin, Press Officer and Head of Education at the Essen penitentiary
Anne Berlit, artist
1.30 p.m. Introduction to the correctional facility’s outdoor area with Marc Marin, Press Officer at the Essen penitentiary
2.30 p.m. Tour of the Brucker Holt neighbourhood with Thomas Olbricht
4.30 p.m. Parallel worlds
A discussion with
Ahmad Omeirat, Laissez-passer e.V., Essen
Kefaet Prizreni, artivist, Essen
Iman Ahmed-Hassan, Laissez-passer e.V., Essen
Deniz Schumacher, Owner, Glow Shisha-Bar
Moderator: Konstantin Adamopoulos, independent curator
When: Sun, 26 June 2022, 10 a.m. – 6 p.m.
Bus tour with discussion
Advance booking required.
Participants will be informed about the meeting point after booking.
Förderer
Unterstützt durch
Kontakt
MAP Markus Ambach Projekte GmbH
Email: post@markusambachprojekte.de
Telefon: +49 (0) 211 15927623
Besuchszeiten
Festivalzentrum Berliner Platz und alle Ausstellungsorte:
Di – So, 12 – 20 Uhr